Was wurde aus: Galerie Thomas Schulte?

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Thomas Schulte at Galerie Thomas Schulte Berlin, 2021 | © Anna-Wasilewski, 2021

Wie können Berliner Galerien Energie einsparen? Welche Geschäftsfelder und Möglichkeiten tun sich durch digitale Technologien auf? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Berliner Galerist:innen seit Jahren. Besonders herausragende Konzepte zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung wurden 2022 von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe und dem Landesverband Berliner Galerien (LVBG) mit dem Preis „Galleries for Future“ ausgezeichnet. Unter den 15 geehrten Galerien befand sich auch die Galerie Thomas Schulte": Das Kunsthaus aus Berlin Mitte hatte digitale Showroom und 3D Visualisierungen unserer Ausstellungen entwickelt und eingeführt und zahlreiche Aspekte von Internetmarketing und Onlinesales- Kapazitäten auf den höchsten Stand gebracht, beschreibt Inhaber Thomas Schulte diezum Großteil auf eigene Kosten übernommenen —erheblichen Anstrengungen im Bereich der Digitalisierung”. Zu diesen gehörte auch, die zwölf Mitarbeitenden technisch so gut auszurüsten, dass sie bequem im Homeoffice und mobil arbeiten können.

Doch nicht nur in Sachen Digitalisierung zeigte die Galerie Schulte Initiative. Sie ersetzte die Galeriefahrzeuge durch Elektroautos und investierte in umweltfreundlichere Lösungen für die Beleuchtung und Kühlung unserer Ausstellungsräume, ergänzt der Geschäftsführer. So wurde die Beleuchtung auf moderne LED Technik umgestellt und die Fußbodenheizung im Sommer als Bodenkühlung umfunktioniert. Das hat zu maximalen Energieeinsparungen geführt, kennt er den Effekt der Maßnahmen.

Eine „tolle, positive Wirkung“ hatte laut Schulte auch der Galleries for Future-Preis und das damit verbundene Preisgeld. Da die ausgezeichneten Maßnahmen bereits umgesetzt und bezahlt waren,haben wir eigentlich einen Sonderpreis bekommen für bereits erbrachte Leistungen im Bereich derEinsparung von Energie und für verbesserte Kommunikationswege”, meint er. Dass die Galerie in der Zwischenzeit weitere Investitionen getätigt und die digitale Kommunikationsfähigkeit zusätzlich ausgebaut hat, ist ganz im Sinne des Preises. Schließlich wollte die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe damit den ausgewählten Galerien ermöglichen, weitere Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu setzen. Umtriebigen Berliner Galeriebesitzer:innen wie Thomas Schulte musste man das nicht zweimal sagen: Neben dem Inventar- und Adressprogramm wurde in den letzten Jahren die Website neu konzipiert und auf den technisch neuesten Stand gebracht.Zusätzlich haben wir unsere technischen Fähigkeiten im Bereich 3D Modelling deutlich nach oben gefahren (Anm.: siehe Beispielfoto), berichtet Schulte und zeigt damit wieder einmal, dass er zu den modernsten Galerien Deutschlands gehört.

„Es gibt kein Rezept“

Die Erfolgsgeschichte der Galerie Thomas Schulte begann im Jahr 1991. Damals gründete der heutige Galerie-Besitzer gemeinsam mit seinem Kollegen Eric Franck die Galerie „Franck + Schulte“ eine der ersten Galerien nach der deutschen Wiedervereinigung. „Mein Partner hatte eine sehr erfolgreiche Galerie in Genf, und ich wollte weg von meiner als Direktor bei einer renommierten Galerie in New York, zurück nach Europa“, schildert Schulte die Motivation. Dass die Wahl damals nicht auf London oder Brüssel, sondern auf den Standort Berlin gefallen ist, lag an den vielen Möglichkeiten und der Aufbruchstimmung in der deutschen Bundeshauptstadt. „Die Stadt war nach den langen Jahren der Teilung von der internationalen Kunstwelt relativ isoliert, auch wenn es als Ausnahmen so großartige Programme wie das des DAAD gab, das über die Jahre weltweiten Kontakt gehalten hatte“, so der Galeriebesitzer, „wir konnten in Berlin quasi jede internationale Position repräsentieren, die uns einfiel.“

Genau das taten die beiden Neo-Galeristen: Jeweils Künstler, mit denen einer der Beiden bereits zusammengearbeitet hatte, dazu vier, beide mochten — so lautete das Konzept. Zu Letzteren gehörten Richard Artschwager, Robert Mapplethorpe, Helmut Federle und sehr bald auch Gordon Matta-Clark, Alfredo Jaar und Richard Deacon. Dass sich Schulte und Francke bei der Programmgestaltung einig waren, wäre nur ein Startvorteil gewesen. Auch angesichts der „guten Kontakte und dem Zugang zu sehr hochkarätigen künstlerischen Positionen“ etablierte sich die heutige Galerie Thomas Schulte, wie sie seit dem vereinbarten Abgang von Franck im November 2000 heißt, bald als eine der führenden Galerien für zeitgenössische Kunst in Deutschland. Das lässt sich nicht so leicht kopieren und dafür gibt’s eigentlich auch kein Rezept“, weiß Schulte, rät aber jungen Galerie in jedem Fall darauf zu achten, welche Einnahmequellen sie hat und wie nach drei Jahren der Existenz dastehen und weitermachen wolle.

An Plänen für die Zukunft mangelt es auch der Galerie Thomas Schulte nicht: Nach der Gallery Week Berlin ist im Mai beispielsweise die Teilnahme an einer kleinen Kunstmesse in Beijing vorgesehen, und im Juni steht die Art Basel mit Art Unlimited und Robert Mapplethorpe und Richard Deacon an. „Die großen Messen, an erster Stelle die Art Basel, bedeuten zunächst einmal Anerkennung und Sichtbarkeit auf internationalem Niveau. Das ist, als würde man zu den Leading Hotels of the World gehören oder den ein oder anderen Michelin Stern bekommen und die Gäste gleich dazu“, weiß Schulte, „und trotz ihrer extrem hohen Kosten sind sie auch wirtschaftlich gewinnbringend.“Zudem seien die internationalen Messen nicht nur für die Bildung der eigenen Marke ein extrem wichtiger Faktor, sondern indirekt auch für Berlin. Generell habe die Kunstszene 2024 mit der von 1991 nur noch wenig zu tun: Heute befänden sich die tonangebenden Galerien Europas und der Welt in Berlin, und sehr viele heimische KünstlerInnen gehörten zur Elite. Und das, ohne die nach wie vor lebendige junge Szene in der Bundeshauptstadt zu vermissen.

„Gallery Weekend Berlin”: Weltweit einzigartige Erfolgsgeschichte

Wie lebendig die Berliner Galerienszene ist und wie gut die Galerien arbeiten“, davon können sich Interessierte seit 20 Jahren beim „Gallery Weekend Berlin” überzeugen, „In keiner anderen Stadt wurde aus dieser Idee ein ähnlicher Erfolg“, kann Schulte vor allem die InitiatorInnen der Idee nicht hoch genug loben. Auch für ihn und seine „Galerie Thomas Schulte“ ist das Gallery Weekend Berlin „ein so fester Bestandteil unseres Jahres geworden, dass es ein bisschen innere Heimat geworden ist“, freut er sich schon jetzt auf viele Begegnungen. Mit dem Amerikaner Matt Mullican, der durch das Programm des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) nach Berlin gebracht und seit vielen Jahren in der deutschen Bundeshauptstadt sowie in New York arbeitet, rückt der renommierte Experte diesmal einen für sein Haus „typischen Künstler mit einer langen, immer innovativen Karriere und mit einer relevanten Botschaft, die nie an Wert verliert“ in den Mittelpunkt: „Eigentlich zeigen wir nur ein Werk „New Edinburgh Encyclopedia, 1825“, das aber so groß ist, das es die gesamte Wandfläche der Galerie bespielt“, erklärt Schulte und fügt — ganz stolzer Vater — hinzu: „Mein Sohn Nick führt hier als Programmdirektor unserer Galerie die Regie.“

Das Gallery Weekend Berlin ist für die Galerie Schulte aber nur einer von vielen Höhepunkten in diesem Jahr: Im Juli wird eine zweiten Location der Galerie Thomas Schulte in der Potsdamer Straße mit einer Gruppenausstellung eröffnet. Noch dichter wird es für das 12-köpfige Team im September: Da wird nicht nur Cosima zu Knyphausen mit ihrer ersten Ausstellung im Haus vorgestellt, auch Allan McCollum und Rebecca Horn, mit der Schulte bereits seit 1991 zusammenarbeitet — eine 15-jährige Unterbrechung nicht einkalkuliert — werden gezeigt. „Und danach werden wir garantiert nicht einschlafen“, verspricht Thomas Schulte. Man glaubt es ihm sofort.

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